Historik des Denkmals

Wie eine Erinnerung entsteht

Simone Heiderscheid

Als die Vorstandsmitglieder der „Amicale des hauts-fourneaux A et B“ im Herbst 2006 beschlossen, auf Belval eine Skulptur zu Ehren aller Schmelzarbeiter errichten zu lassen, ahnten sie noch nicht, dass damit eine zweijährige Geschichte begann, die durch viele Unwägbarkeiten und glückliche Wendungen, durch spontane Begeisterung, großzügige Hilfsbereitschaft und den exemplarischen Einsatz der Beteiligten gekennzeichnet war.

Noch im November konnte der Metallkünstler Jhang Meis für das Projekt gewonnen werden. Der frühere Instruktor aus der Berufsschule der Differdinger Hütte machte sich sogleich und unter Verzicht auf jegliche Gage ans Werk. Bereits Anfang 2007 hatte er das Modell der zukünftigen Skulptur fertiggestellt. Sie sollte symbolisch für die drei Belvaler Hochöfen aus drei Elementen gestaltet werden, die wie Flammen ineinandergreifen. Logischerweise sollten zu diesem Zweck Spundwandbohlen, Walzprodukte aus dem Belvaler Werk, genutzt werden. Als ehemaliger Schmelzarbeiter wusste Jhang Meis, dass bei Walzfehlern in sich verdrehte Spundwände entstehen, und genau solche wollte er nutzen, um seine Vorstellungen umzusetzen. Fast von Anfang an stand ihm der leidenschaftliche Industriekultur-Anhänger und Sekretär der „Amicale“, Dan Cao, zur Seite, der in ungezählten Arbeitsstunden und unter Aufopferung seines gesamten Urlaubs die umfangreichen organisatorischen Aufgaben des Projekts ausführte.

Es sollte Monate dauern, bis die geeigneten Spundwandbohlen gefunden waren. Sie mussten eine bestimmte Länge, ein bestimmtes Profil und eine bestimmte Stärke aufweisen. Die Verwalzung sollte nicht zu ausgeprägt, aber dennoch deutlich sichtbar sein. Eigentlich hätte es bereits im Frühjahr 2007 soweit sein können: Arbeiter aus dem Belvaler Walzwerk, die von der Idee begeistert waren und immer ein Auge auf die Fehlproduktionen hatten, meldeten sich beim Künstler und hatten sogar vier brauchbare Stücke gefunden. Doch die Freude darüber währte leider nicht lange, denn zwei von den vier Spundwandbohlen fielen aus Versehen dem normalen Arbeitsprozess zum Opfer – sie wurden verschrottet und wieder verhüttet.

Die zwei übriggebliebenen Stücke bearbeitete Jhang Meis gleich vor Ort – sie wurden auf die gewünschte Länge gebracht, entgratet und geschliffen – bevor sie per Kran nach „Gadderscheier“ auf das Gelände der Firma Streff gebracht wurden. Bis zum Herbst sollte es dauern, bis wieder ein passendes drittes Element gefunden worden war. Und wieder kam der Kran der Firma Streff. Bemerkenswerte Unterstützung kam auch aus der Differdinger Schmelz: Die 16 laufenden Meter Grey-Träger von über einem Meter Steghöhe, die für den Sockel der Skulptur nötig waren, wurden ohne Umschweife zur Verfügung gestellt. Für den Boden des Sockels wurden kleine Träger aus der neuen Belvaler Mitteleisenstraße verwendet.

Nachdem der Sockel auf „Gadderscheier“ zusammengeschweißt worden war, stand er monatelang auf dem Firmengelände, bevor die „Amicale“ ausreichend Geld zusammengetragen hatte, um die Skulptur vollends zusammenfügen zu können. Im März 2008 erklärte Arcelor Mittal sich bereit, den Großteil des Projektes zu finanzieren. Weitere Gelder kamen durch viele Spenden und eine Grillaktion zusammen.

Am 22. Mai 2008 wurden die drei Spundwandbohlen mittels dreier Kräne zum ersten Mal in die Vertikale gebracht. Für den Künstler Jhang Meis war das ein Angstmoment, denn nun erst konnte sich zeigen, ob die Raumwirkung der Bohlen wirklich seinen Vorstellungen entsprach. Drei Stunden lang wurden die drei Elemente gedreht, bis sie in der idealen Position zueinander standen. Gleich anschließend wurden die Bohlen mit dem Sockel verbunden. Die Skulptur war zwar nun fertiggestellt, aber es dauerte weitere Monate, bis sie nach Belval transportiert werden konnte, denn hier war die Standortfrage noch nicht geklärt.

Der von Agora, der Entwicklungsfirma für Belval, ursprünglich vorgesehene Standort erwies sich als nicht hinreichend tragfähig, und so wurde die Place de l’Université als Alternative vorgeschlagen. Doch auch hier musste zunächst durch Bohrungen untersucht werden, ob der Untergrund stabil genug war. Als das Fundament schließlich ausgehoben wurde, trat das nächste Problem zu Tage: Für die Beleuchtung der Skulptur wurde eine Stromzufuhr benötigt, die laut Plan hätte vorhanden sein müssen, in Wirklichkeit aber rund zehn Meter an der vorgesehenen Stelle vorbeiführte. Also mussten zunächst noch Stromkabel verlegt werden.

Am 16. September 2008 war es endlich soweit. Die zehn Meter hohe und 13 Tonnen schwere Skulptur wurde in einer spektakulären Aktion nach Belval transportiert und dort mit zwei Kränen in ihre definitive Position gehievt. Nun musste noch der Sockel aufgefüllt werden. Dazu wurden 20 Tonnen Agglomerat, das zehn Jahre zuvor im „Burbacher Lach“ abgeladen worden war, wieder nach Belval geschafft und dort von „Amicale“-Mitgliedern während eines schweißtreibenden Einsatzes in den Sockel geschaufelt.

Am 3. Dezember 2008 wurde die Skulptur feierlich eingeweiht. Sie trägt den anrührend schlichten Titel „Als Erënnerung – un d’Leit vun de Schmelzen“

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